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FAILLA Lea


Elves of the seasons

 

«Elves of the seasons» von Lea FAILLA

 

PROLOG

Überall in der Kleinstadt war es dunkel, nur die Lichter der nahen Großstadt erhellten ab und

zu einzelne Häuser. Aus einer vierstöckigen Wohnung, die bis auf den letzten Ziegel den

anderen fünf Häusern in der Nachbarschaft glich, kam ein zarter, golden schimmernder

Lichtstrahl. Es kam aus dem Kinderzimmer eines Mädchens, der sechsjährigen Lilly.

Sie saß gerade in ihrem Kinderbett, das Zimmer war rosa tapeziert. Auf ihrer

Prinzessinnenbettdecke saß Orla, ihre Oma. Auf den ersten Blick sah Oma Orla ganz normal

aus. Aber wenn man genauer hinsah, konnte man die weisen Züge in ihrem Gesicht sehen, die

hellbraunen Haare, die jetzt schon ein bisschen weiß waren.

Und dann die besonderen Ohren! Sie sahen aus, als wären sie dem Märchenbuch

entsprungen, aus dem Oma Orla gerade vorlas, so spitz und doch so unscheinbar. Sie waren

nicht so makellos wie die Wesen aus dem Buch, sie waren schon etwas älter und mit vielen

Falten darin. Außerdem waren sie eher in sich gekehrt.

Lily fragte sie jedes Mal, wenn sie sich sahen. So auch an diesem Abend.

„Was ist mit deinen Ohren passiert?“, fragte Lily, die sich tief in ihre Decke gekuschelt hatte.

Ihre Augen waren schon halb geschlossen, sie würde gleich einschlafen. Oma Orla lächelte und

strich ihr über die roten Haare. „Etwas Magisches.“ antwortete sie, wie jedes Mal. Lily

murmelte: „Das hast du schon letztes Mal gesagt...“ Aber da war sie schon eingeschlafen. Oma

Orla lächelte. Liebevoll deckte sie Lily mit der rosa Decke zu und legte ihr Kuscheltier neben

sie. Dann stand sie auf, um das Fabelbuch wegzuräumen. Doch ein Geräusch lässt sie erstarren.

Ein Geräusch, das sie nur zu gut kannte. Mechanisch drehte sie sich zum Fenster, das einen

Spalt offen stand. Das Geräusch kam von den zur Seite gewehten Vorhängen. Ein Luftzug, der

für Menschen nicht wahrnehmbar war, strich über Oma Orlas Haut. Sie erschauerte. „Es ist

wieder soweit.“ dachte sie.

Kapitel 1

Ein leichtes Zittern ging durch die Bäume um mich herum, und ein unangenehmer Luftzug

streifte meine Haut. Ich fröstelte. Mein Elfenkamerad Jjile, der neben mir stand, spürte es wohl

auch, denn er verzog das Gesicht. Wir sahen uns bedeutungsvoll an. Es war dieser Wind, den

die Menschen den „unsichtbaren Wind des Unheils“ nennen würden... Ich seufzte. „Ich glaube,

wir müssen unsere Patrouille auf später verschieben, Jjile.“

Jjile seufzte. „Ja, ich glaube auch.“ Wir verließen die gemütliche Mooskugel der alten Eiche

und sprangen vom Baum. Wir rannten mit Elfengeschwindigkeit, wie ich es insgeheim

„ Elfenspeed“ nannte, um schneller zu sein. Der Wind peitschte uns ins Gesicht, als wir immer

schneller wurden. Jjile war wieder etwas langsam, er mochte es nicht so schnell. Aber diesmal

war es ernst...

 

Der „unsichtbare Wind des Unheils“ war bei uns Elfen eigentlich „nur“ der Ruf unserer Königin,

wenn sie uns zusammenrief. Aber wie immer war es nie ein gutes Zeichen, wenn sie uns rief.

Unsere Königin Zeyla war eigentlich ganz ruhig und nicht gewalttätig. Die Königin des Winters,

Maleda, war bei weitem die schlimmste. Dann gab es noch die Herbstkönigin Pyrrka. Sie war

eher verträumt und bei großen Treffen eher zurückhaltend.

Und schließlich die Königin des Sommers, Kyrma. Wenn sie nicht gerade ihre vollkommene

Schönheit im Spiegel betrachtete, wurde sie ziemlich schnell wütend und beruhigte sich

seltsamerweise ziemlich schnell wieder. Sie war wohl die speziellste Königin der

Jahreszeitenelfen.

Bei uns Elfen kümmerte sich jeder Clan um seine eigene Jahreszeit und hatte seine eigene

Königin.

 

Ich erwachte aus meinen Gedanken, als wir vor dem unsichtbaren Eingangstor anhielten. Vor

uns erstreckte sich eine schlichte Blumenwiese, in weißes Raureif getaucht - es war Ende

Winter, weshalb Maledas Kraft anfing zu schwinden- einzelne Blumen ließen ihre Köpfe schon

hängen. Ich seufzte. Zum Glück war der Winter bald vorbei! Der schöne Frühling nahte! Ich

freute mich schon darauf, die Tiere aus ihrem Winterschlaf zu wecken, und die Teiche, Blumen

und Bäume auferblühen und auftauen zu lassen...

Ich streckte einen Finger aus und berührte die unsichtbare Wand. Sie fühlte sich glibberig an

und kalt vom Winter an. Also malte ich den Code, um hineinzukommen, in die schleimige,

unsichtbare Wand. Es war eine Blume, eine Knospe, um genau zu sein. Sie war von

wundersamen Ranken umgeben. Jjile neben mir fror leicht. Ich schüttelte ein wenig den Kopf

über meinen Kameraden. Wahrscheinlich hatte er den Posten nur bekommen, weil er stark

war, aber sicher nicht wegen seiner Geduld oder Ausdauer. Ich war mit fünf anderen Elfen die

zweite Garde der Königin, das heißt, meine Kameraden und ich kontrollierten jeden Tag die

Wälder, damit nicht zu viele Menschen kamen oder gar Ideen hatten, dort etwas zu bauen.

Leider kamen die Leute oft auf solche Ideen... Es war eine harte Arbeit, vor allem, weil wir

nicht immer nur die Wälder und Wege kontrollierten.

Bei jedem Jahreszeitenwechsel trafen sich alle Königinnen, um den Zauber offiziell an die

nächste Königin zu übergeben. Natürlich trug jede Königin die Magie schon lange in sich, aber

sie durfte sie nur in ihrer Jahreszeit voll einsetzen. Keine der Königinnen wagte es, diese Regel

zu brechen. Nicht einmal Königin Maleda.

 

Bei jedem Treffen mussten wir und die erste Garde der Königin, die sich mehr um den

körperlichen Schutz der Königin kümmerte, also im Falle eines Angriffs kämpfte, dabei sein,

um auf unsere Königin aufzupassen. Wenn etwas passierte, waren wir, die 2. Garde, dafür

verantwortlich, dass die anderen Elfen so schnell wie möglich aus dem Dorf verschwinden und

fliehen konnten. Wir mussten uns auch um die Drachen und all die anderen Tiere kümmern,

die in unserem Dorf ein Zuhause gefunden hatten. Heute würde es hoffentlich nur eine

Audienz geben, so war es manchmal. Dann rief uns Königin Zeyla zusammen, um ein paar

Worte an das Volk zu richten oder den schönsten Drachen der Woche zu verkünden.

Belangloses Zeug...

Einmal im Monat rief sie auch uns, ihre zweite und erste Garde, zusammen, um uns persönlich

zu danken. Schließlich kümmerten wir uns um sie und ihr Land. Die erste Garde bekam

manchmal auch Orden, weil sie sich mehr um ihren persönlichen Schutz kümmerte. Trotz

dieser Extras waren die Elfen der ersten Garde höflich und nicht überheblich.

 

Die Wand begann zu grollen und der Code wurde immer blasser. Nur die Elfen konnten das

Zeichen sehen, das nun erschien: ein verschnörkelter Knopf, aus altem Holz geschnitzt. Ich ließ

meine Fingerspitzen darüber gleiten, Jjile tat es mir nach. So wusste die magische Wand, wie

viele Elfen eingetreten waren. Ich spürte ein Grollen tief aus der Erde unter meinen Füßen -

und endlich öffnete sich die Wand. Wie immer sahen wir zuerst nichts, dann einen Wasserfall,

der sich wie aus dem Nichts über unseren Köpfen ausbreitete. Aber das Wasser war kein

richtiges Wasser. Es fühlte sich an wie Seide, die über die Haut rann. Ich wusste bis heute, in

meinen sieben Jahren als Elfe der zweiten Garde, nicht, was das eigentlich war... Langsam

erreichten wir das Ende des Wasserfalls und vor uns lag Lojona, das Dorf der Frühjahrselfen.

Die Atmosphäre war bedrückend und doch luftig. Um uns herum dichte Wälder, wilde Pflanzen

und Lianen, die sich kreuz und quer winden. Einzelne Pfade bahnten sich ihren Weg durch das

Geäst. Der Himmel war durch das dichte Blätterdach kaum zu erkennen. Und dann waren da

noch die unzähligen Urgroßväter der Mammutbäume.

Bei den Menschen mögen sie die größten aller Bäume gewesen sein, aber diese hier waren

etwas ganz anderes. Das Moos leuchtete in einem wunderschönen tiefen Dunkelgrün, es hüllte

hier alles ein. Durch die dichten Baumkronen fielen hin und wieder Sonnenstrahlen auf den

endlosen Waldweg, der sich verträumt durch die Moosbaumlandschaft schlängelte. Und wenn

man genau hinsah, konnte man die runden Holzhütten erkennen, die in die hohen

Baumkronen ragten. Manche saßen weiter unten, andere ganz oben. Um jeden Baumstamm

waren schmale Holzpflöcke gewunden, die als Treppen dienten. Eine Weile lauschte ich

nachdenklich den Geräuschen und dem munteren Zirpen meines Zuhauses, dann folgte ich

Jjile, die sich bereits auf den Weg gemacht hatte. Hin und wieder begegneten wir anderen

Elfen, die uns höflich ansahen und sich leicht verbeugten. Ich lächelte alle leicht an.

„Was glaubst du, warum Königin Zeyla uns gerufen hat? Es stand doch keine Versammlung

an?“, brach Jjile das Schweigen, als wir an einer Gruppe junger Elfen vorbeigingen. „Nein, es

war nichts angesagt. Ich hoffe, es ist nichts Schlimmes...“




Envoyé: 10:40 Sun, 24 March 2024 by : FAILLA Lea age : 14