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Donven Vanessa

Tell me the truth about love.

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Chapter 16: Tell me the truth about love.

 

 

"Du bist zu spät!" grüßte Cal, als er die Tür öffnete bevor ich überhaupt zum Klingeln kam. "Du hast mir keine Uhrzeit gesagt." grinste ich, drängte mich an ihm vorbei und zog meine Schuhe aus, um auch gleich in die Küche zu gehen. "Hätte ich vielleicht tun sollen. Pizzas sind drin." Verwirrt sah ich meinen besten Freund an. "Du wusstest nicht, wann ich komme, aber Pizzas sind drin?" Jetzt nickte er. "Ich sah dich mit Michelle zurückkommen und hoffte einfach, dass du kommst. Sonst hätte ich zwei Pizzas gekriegt." Idiot. Deswegen lachte ich auch, schlang dann die Arme um ihn. "Du spinnst. Und kennst mich zu gut." Er grinste. "Ich weiß." Lachend schlug ich ihm gegen die Brust, widmete mich dann seinem Kühlschrank und fischte uns zwei Flaschen Bier raus. Woher wir Abende vor dem TV mit Pizza und Bier haben? King of Queens! Die Flaschen wurden geöffnet, auf die Pizzas gewartet und anschließend machten wir es uns auf dem Sofa vor dem Fernseher bequem, mit "Für Immer Single". "Du weißt, was heute auf dem Programm steht?" wollte ich wissen, legte meine Beine über Cals und die Füße auf die Sofalehne, und stellte den Pizzateller auf meinen Schoß. "Reden, über die ganze Scheiße und uns dann besaufen?" Ich nickte. "Reden, ja. Besaufen ist nicht so schlau, ich hab morgen Englisch." – "Autsch." Er genießt es richtig, dass ich die dummen und strengen Lehrer erwischt habe und er die coolen. Dummer Idiot! "Jetzt rück mal raus mit der Sprach." Thema wechseln passt eher, dazu biss ich in die Pizza. "Was willst du wissen?" Wo ist Telepathie, wenn man sie braucht? Wegen derer Abwesenheit verschluckte ich mich fast, brachte aber irgendwie ein "Leon." heraus. Wenn schon, dann will ich den ernsten Teil des Abends gleich hinter mir bringen, danach kann der Spaß beginnen.

"Du weißt, dass ich mir nur Sorgen um dich mache. Und verdammte Angst habe, dich zu verlieren?" wollte der 18 Jährige wissen, ich nickte. "Du wirst es gar nicht gerne hören, aber ich hab wirklich Angst, dass Leon dir nicht gut tut. Gerade weil du dich in ihn verliebt hast, mach ich mir Sorgen. Was ist, wenn er dir weh tut oder dich verletzt? Wenn er Schluss macht?" Ich seufzte. Ich wollte das wirklich nicht hören, aber ich wusste, dass ich dadurch musste. Er hielt schon lange nichts von Leon, auch wenn sie mal Freunde waren. Es war auch nicht so Leon der ihn störte, eher die Tatsache, dass ich mich über den Blonden so verdammt gut aufregen konnte, wie man an 12 Jahren Streit sehen konnte. "Das wird er nicht." versicherte ich dem Schwarzhaarigen, doch Cal schüttelte den Kopf. "Das kannst du nicht wissen, das kann ich auch nicht wissen." widersprach er, doch nun schüttelte ich den Kopf. "Michelle sagt das auch." Er seufzte. "Das kann Michelle auch nicht wissen. Leon ist auch nur ein Mensch und er ist ein Kerl. Und ich weiß, wie wir Kerle ticken." Das brachte mich leicht zum grinsen, doch es verschwand genauso schnell wieder, wie es gekommen war. "Aber ich vertraue ihm. Und du sollst mir vertrauen." – "Ich weiß, deswegen werde ich eure Beziehung auch nicht mehr zu sabotieren versuchen. Ich will nur, dass du mir versprichst, dass du vorsichtig sein wirst." Ich nickte, stellte den Teller weg und schlang die Arme um Cal. "Das werde ich, mach dir nicht so viele Sorgen. Du weißt, dass ich noch zwei Jahre hab. Nur wegen Leon wird die Zeit nicht weniger." Er seufzte erneut, schlang aber die Arme um mich und drückte mich an sich. "Ich hab doch nur Angst, dass dein Herz es nicht überstehen wird, wenn, nein, falls er dir wehtut. Und ich werde eh eingehen, solltest du sterben. Deswegen muss ich in den zwei Jahren auch einen Arzt finden, der die Operation macht, der die nötigen Materialien und Kompetenzen hat. Mit Sieben hast du mir immerhin versprochen, dass wir noch mit 90 beste Freunde sind und im Rollstuhl Rennen fahren.“ Ich wollte es zwar nicht, musste aber weinen. "Calvin, du weißt genau, dass die wenigstens Ärzte dazu fähig sind. Und auch, dass wir hier keinen haben und zu Miami auch keinen fanden, wir haben doch den halben Sommer gesucht. Du musst dich damit abfinden, egal wie schwer es wird. Du hast mir versprochen, auf meine Mutter aufzupassen."

Cal seufzte erneut und ich glaubte, ihn schluchzen zu hören, aber es wunderte mich nicht wirklich. Im Sommer hatte er auch geweint, und er weigerte sich noch mehr als ich, es zu akzeptieren. Er weigerte sich, ich fand mich damit ab. Es tat zwar scheiße weh, aber solange ich meine Medikamente nahm bekam ich nicht viel davon mit. Nur, dass ich diese absetzte, weil ich sie bewusst Zuhause ließ. Ich hatte ja nicht vor, bei den Masanneks zu bleiben, und danach wollte ich es unbedingt vor ihnen, vor allem vor Leon, geheim halten. Und wenn ich Cal das jetzt sagte, würde er ausflippen. Deswegen schwieg ich einfach und weinte in seinen Armen weiter, teilweise, weil er am wenigstens mit allem klarkommen wird. Weil meine Mutter schon mal alleine klarkommen musste, weiß ich, dass sie es schaffen wird. Es wird ihr verdammt schwer fallen, aber sie wird es schaffen, weil sie verdammt nochmal meine Mutter ist und meinen Wunsch respektieren wird. Cal hingegen erlitt noch keinen Verlust, er hat seine ganze Familie um sich und genau deswegen habe ich Angst, dass er an all dem zerbrechen wird. "Ich werde weitersuchen, bis ich jemanden fand. Ich werde aber meinen Onkel anrufen, er wird wen kennen!" Ich löste mich von ihm und sah ihn an, schüttelte den Kopf. Er weinte wirklich wieder. Wenn es ihn jetzt schon zerfrisst, was wird erst sein, wenn ich wirklich bis tot bin? Das sind noch zwei Jahre, in denen wir uns noch so viel näher kommen können. "Wirst du nicht. Du hast es mir versprochen. Weil dein Onkel es deinen Eltern sagen wird, und sie sollen es jetzt noch nicht wissen. Du weißt es, Michelle, und ich werde es Mom sagen, wenn sie wiederkommt. Aber sonst soll es keiner wissen. Und vor allem, soll Leon nichts erfahren." Cal schluckte, nickte dann und zog mich nochmal in seine Arme. "Ich werde es trotzdem erst akzeptieren, wenn ich auf deiner Beerdigung stehe." – "Solange du es überhaupt akzeptierst." – "Ich kann doch mein Versprechen nicht brechen, und deine Mom wird jemanden brauchen." Verdammt, ich liebe diesen Kerl, und ich hätte keinen besseren besten Freund haben können. "Wirst du ihr auch erzählen, warum du deine Haare blau gefärbt hast?" wollte er wissen, als er mich wieder losließ und die kalten Pizzateller hochhob. Ich folgte ihm mit den Bierflaschen in die Küche und nickte zögernd. "Ich denke schon." Eisblau war Papas Lieblingsfarbe, und nach der Diagnose wollte ich anfangen, all die Dinge zu tun, die ich schon immer tun wollte und mich nie traute. Meine Haare bunt färben, stand auch auf der Liste. Deswegen wählte ich auch Papas Lieblingsfarbe, weil ich sterben werde und Papa tot ist. Cal fand es mutig, ich feige. An sein Grab traute ich mich bisher nämlich nicht. "Du? Cal?" Er sah zu mir, nachdem er die Spülmaschine einräumte und wartete darauf, dass ich was sagte. "Du hast mir doch vor Jahren versprochen, wenn ich je Papas Grab besuchen will, dass du mitgehst…" begann ich, der Schwarzhaarige kam gleich zu mir und lächelte mich an. "Gut, dass ich getankt habe. Und vorhin meine Fahrprüfung bestand." Normalerweise hätte ich mich jetzt aufgeregt, weil er nicht früher etwas sagte, ließ es aber sein. Dazu war ich jetzt nicht in Stimmung, ich drückte ihm einfach nur einen Kuss auf die Wange. "Danke, dass du immer für mich da bist." – "Danke gleichfalls."

Wir zogen nur Schuhe an, verließen dann das Haus und fuhren zuerst zum Blumenladen, wo ich Papa eine Sonnenblume kaufte. Weil Sonnenblumen glückliche Blumen sind, und meine Lieblingsblumen, Papa hat jedes Jahr welche in den Garten gepflanzt, als wir noch das große Haus hatten, bevor er starb und Mama und ich da weg mussten. Nicht, weil wir es nicht mehr zahlen konnten oder so, sondern wegen der hereinbrechenden Erinnerungen. Anschließend fuhr er mit mir zum Friedhof und begleitete mich, öffnete das Tor, als ich es nicht konnte und hielt stets meine Hand, weil er wusste, wieviel Angst ich davor hatte. Der Friedhof hat etwas endgültiges, auch, wenn mir klar ist, dass mein Vater tot ist, war ich nur zur Beerdigung hier auf dem Friedhof. Mama konnte nie herkommen, ich genauso wenig. Aber Ängste sind da, um sie zu überwinden, wenn man es kann. Deswegen wollte ich jetzt auch kommen. Ich musste meine Angst vor dem Friedhof überwinden, und Cal seine Angst vor meinem Tod. Obwohl ich 12 Jahre nicht hier war, fand ich das Grab auf Anhieb und legte die Blumen hin. [style type="bold"][style type="italic"]Tyler Mason – we'll always miss you.[/style][/style] Darunter stand noch, dass er mit Grace Sullivan verheiratet ist, der Sohn von Nolan und Catherine Mason, und mein Vater. "Ich hasse das Schicksal. Karma ist ne Bitch." murmelte ich, vor dem Grab hockend und auf die Inschrift starrend. Ich glaub nicht an Karma, weil mein Vater der gutherzigste Mensch war, den ich kenne. Er brannte mit meiner Mutter aus Liebe durch, er brachte ihr nur Glück und laut seinen Eltern war er ein spontaner, vor Lebenskraft strotzender Mensch. Mehr hatten sie mir nie erzählt, weil ich es nie über mich brachte, sie zu besuchen, ihnen zu schreiben oder sie anzurufen. Weil mich alles an ihnen an ihn erinnert. Erneut begann ich zu weinen, im gleichen Moment als die ersten Tropfen fielen, und das ließ mich lächeln. Irgendwie machte es mir Mut, zu glauben, dass der Himmel um ihn weint. "Gehen wir?" Cal trat näher und legte mir eine Hand auf die Schulter. Ich sah noch einmal zum Grab, nickte dann. "Ja, lass uns gehen."

Wieder bei ihm angekommen, zogen wir uns erstmal um. Ich klaute mir ein Shirt von ihm und hängte meine Klamotten über die Heizung. Als ich wieder ins Wohnzimmer kam, hockte Cal mit einer Flasche Jack Daniels da. "Ich dachte, brauchst du jetzt." teilte er mir mit, ich nahm ihm wortlos die Flasche aus der Hand und einen Schluck daraus, setzte mich dann neben ihn und legte meine Beine erneut über seine, die auf dem Couchtisch lagen. "Jetzt reden wir mal über dich." Jetzt ist es an mir, neugierig zu sein. Über mich haben wir genug geredet, jetzt ist er dann. "Du willst wissen, warum ich dir nichts von meiner Freundin sagte?" Er kennt mich zu gut. "Und wer sie ist, woher du sie kennst, wie lange ihr schon zusammen seid, alles! Ich bin deine beste Freundin, du hättest mir von ihr erzählen sollen, bevor du überhaupt wusstest, dass daraus mehr werden kann!" beschwerte ich mich, grinste ihn dabei aber an. Cal grinste jedoch nicht. "Es gibt viel zu erzählen, aber jetzt noch nicht. Es ist anders, als all die Male zuvor, ich bin ihr mit Haut und Haaren verfallen, und genau deswegen, hab ich niemandem etwas erzählt. Weil ich mir erst sicher sein will, dass sie es auch ernst meint. Und sie mir blind vertraut, bevor du sie kennenlernst. Weil bisher jede Beziehung daran zerbrach, dass sie irgendwann alle glaubten, ich habe was mit dir. Und diesmal will ich wirklich, dass es funktioniert." Jetzt grinste ich auch nicht mehr, ich konnte nur noch lächeln, weil ich Cal verstand. "Ich weiß, was du meinst. Ich hätte dir auch was sagen können, als ich anfing mich in Leon zu verlieben, aber ich tat es nicht. Ich hatte Angst, vor deiner Reaktion, und davor, mich wirklich in ihn zu verlieben." Cal lächelte auch. "Liebe ist einschüchternd, was? Davor war alles einfacher, und Sex sowieso." Jetzt musste ich doch lachen. "Das Problem hatte ich Gottseidank nicht. Aber wenn ich ehrlich bin, hab ich doch etwas Angst, dass Leon es nicht ernst meint." Ich zog meine Beine an und kuschelte mich an Cals Brust. Zwar vertrau ich ihm, aber das ganze Verliebt sein ist von so einer Unsicherheit begleitet, und die macht mir Angst. Weil ich mir bei Leon bei nichts sicher sein kann, so wie ich mir stets sicher bin, wie Cal auf etwas reagiert. Bei Leon kann ich keine Reaktionen erahnen, ihn nicht lesen, wie ein Buch, oder mir sicher sein, was er wirklich fühlt. Nur an seiner mangelnden Selbstbeherrschung zweifle ich nicht, vielleicht landeten wir deshalb so oft im Bett, statt gleich ehrlich zu sein? Vielleicht fiel uns Streiten deswegen all die Jahre immer leichter?

Cals Lachen riss mich wieder aus meinen Gedanken. "Du bist dir vielleicht nicht sicher, dass er es ernst meint, aber ich bin es. Ich sehe doch, wie er dich ansieht." Jetzt sah ich ihn verwirrt an. "Du machst dir doch Sorgen, dass er mich nicht liebt und verletzen wird?" Er seufzte. "Ich mach mir Sorgen, dass er seine Meinung ändert oder Scheiße baut, weil er so verdammt unsicher ist wie ich gerade im Bezug auf Kira." Ich musste lächeln, Cal nimmt seine Rolle als bester Freund echt ernst. "Dann sag du Kira, was du für sie fühlst. Denn wenn sie sich so fühlt wie ich gerade, macht es sie verrückt nicht zu wissen, wie du fühlst, und sie will auch, dass es funktioniert. Und ich wünsche dir, dass es funktioniert. Und als deine beste Freundin werde ich dich auch nicht mehr über sie ausfragen, bis du bereit bist, mit der Sprache rauszurücken." Irgendwie verstand ich jetzt, warum er sich so benahm, und dann hatte ich im Park doch richtig gesehen! "Danke. Ich lernte sie schon vor dem Sommer kennen, und wir machten ab, es miteinander zu versuchen, wenn die Gefühle nach meiner Rückkehr noch da sind." Er drückte mir einen Kuss auf die Wange und ich lächelte einfach. Deswegen hat er also den ganzen Sommer keine abgeschleppt, von wegen meine Diagnose verkraften! Das war nur ein Teil der Wahrheit. Jetzt hatten wir beide aber die ganze Wahrheit raus, von der unsere Eltern immer sagten, dass wir sie selbst erleben mussten, um es zu verstehen. Und meine Gedanken fasste mein bester Freund auch gerade in Worte. "Ich hatte vorher so oft gedacht, verliebt zu sein, aber irgendwie fühlte sich nichts davon so an, wie jetzt." Mom hat Recht, wir können wirklich nichts ohne den Anderen erleben. "Ich weiß, ich versteh jetzt den Unterschied. Außerdem hab ich meine Fahrprüfung morgen, also weg mit Jack." Anstatt noch etwas zu sagen, schob Cal mich von sich und stand auf. "Also die…" er nahm die Flasche Jack vom Tisch, "…verstau ich besser wieder. Und dann ziehen wir uns als krönenden Abschluss 40 Tage und 40 Nächte rein." Wieder blendender Laune nickte ich. "Vielleicht sollte ich mal versuchen, ob Leon ohne Sex auch noch mit mir zusammen sein will. Und ob er es schafft, die Finger von mir zu lassen, egal was ich anstelle." Cal lachte leise als er die DVD einlegte, nickte dann trotzdem. "Versuch es, wobei du eher versuchen solltest, ob du die Finger von ihm lassen kannst." – "Idiot!" Mit dieser zutreffenden Charakterbeschreibung warf ich ihm ein Kissen an den Kopf und begab mich auf die Suche nach Chips, die Kais Semesterferien überlebt haben.

 

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Envoyé: 10:58 Wed, 11 February 2015 par: Donven Vanessa