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Donven Vanessa

Half a dream away.

Half a dream away.
   


Hey there, that sounds like a plan to me

When you fall through the night,
and the shades try to get you,
I will be around. Time after time,
I'm gonna catch you,
I won't let you down.



Die Sterne standen hoch am Himmel, die Wolken versuchten den Mond hinter sich zu verbergen, während der Lärm der Party wie ein weit entferntes Echo nach oben schallte. Die Nacht war über Berlin eingebrochen. Und ich saß hier, die Tränen rannen schweigend über mein Gesicht während das lange, schwarze Kleid meinen Körper umhüllte. Vereinzelte braune Haarsträhnen fielen mir in leichten Locken ins Gesicht, die Hochsteckfrisur würde es auch nicht mehr lange ihre Form halten. Das Licht war spärlich, die Musik der Party hinter mir zeugte von der guten Laune der Gäste, während ich hier alleine auf der Dachterasse saß, die Beine hinunter baumelnd und den Blick gen Himmel gerichtet. Eine Konstante auf der Welt: Die Sterne und der Mond, egal wo auf der Welt man sich befand, man konnte immer die Sterne und den Mond sehen. Und wenn die ganze Welt auseinander bricht, die Sterne und der Mond werden immer da sein.

Ein Windzug zerstörte endgültig meine, vor wenigne Stunden noch perfekt sitzende, Frisur und jemand setzt sich neben mich, seinen Blick, im Kontrast zu meinem, nach unten auf den Alexander Platz gerichtet. "Was ist los?" wollte er wissen und nun wandte ich ihm meinen Blick zu. Noch nie zuvor in meinem Leben hatte ich diesen Jungen gesehen. Er trug eine Kellneruniform, allerdings Sneakers statt Lederschuhen und auch seinen Ring hatte er nicht abgelegt und stach aus der Menge heraus, auf der anderen Seite wiederum nicht. Irgendwas hatte er an sich, was mich gleich in seinen Bann zog. Nun wandte er mir sein Gesicht zu und sogleich fielen mir seine Augen auf, solche Augen hatte ich noch nicht gesehen. Intensivgrün, doch um die Iris herum war ein fast unerkenntlicher grüner Streifen. Seine Lippen formten ein Grinsen während ein weiterer Windzug nun durch seine leicht wirren, eigensinnigen schwarzen Haare strich, und ich konnte nicht anders als auch Grinsen.

"Ich halt das nicht mehr aus. Ich kann so nicht mehr weitermachen." Einige Minuten verstrichen, in welchen ich meinen Blick wieder nach vorne wandte, diesmal auf die [style type="italic"]Alex Oase[/style], in welcher ich schon so oft mit Freunden saß und Spaß hatte, ehe ich ihm eine Antwort gab. "Meine Eltern und mein ganzes Leben macht mich wahnsinnig. Vielleicht hast du sie drinnen gesehen, turtelnd auf dem Sofa. Als seien sie noch immer verliebt wie am ersten Tag. Aber das sind sie nicht, ganz und gar nicht. Das ist alles nur Fassade, Zuhause streiten sie sich nur noch, haben einen Wettbewerb daraus gemacht, wer die meiste Leistung aus mir herauspressen kann und konkurrieren wirklich in Allem. Selbst das Haus ist gespalten. Und ich darf ja keinem was sagen, ihr scheinheilliges, 'perfekte' Leben nicht zerstören. Und ich schaff das einfach nicht mehr. Ich bin nicht die Mustertochter, das perfekte Mädchen, das sie aus mir machen. Und ich halt es einfach nicht mehr aus. Ich halte es nicht aus, dass sie die Wahrheit nicht einsehen wollen. Sie haben nicht nur ihre Ehe kaputt gemacht, sondern auch unsere ganze Familie." Ich weiß nicht warum, aber ich erzählte dem unbekannten Jungen alles. Ich konnte einfach nicht mehr so weiter machen. Ich wollte endlich mal frei sein, tun und lassen was ich will und leben, nicht nur ein Leben vorspielen. Die letzten Tränen verannen und ich warf noch einen Blick zurück, sah gerade meine Tante am Fenster vorbei gehen, ein strahlendes Lächeln in ihrem Gesicht, die Hand ihres Verlobten haltend. Es ist ihre Verlobungsparty, die wir hier feiern, und sie war immer mehr die Beste Freundin meiner Mutter, heute weiß sie ja nichteinmal, dass diese nicht mehr glücklich in ihrer Ehe ist. Vielleicht ist es der 10 Jährige Altersunterschied? Ich weiß es nicht.

"Ich kenne das, so zu tun, als sei alles in Ordnung." Die Worte des Schwarzhaarigen holten mich in die Realität zurück und ich sah wieder zu ihm, wusste nicht warum, aber fühlte mich irgendwie mit ihm Verbunden. Seine Worte sind wahr, das konnte ich spüren, und irgendetwas verband mich mit ihm. Auch, wenn ich nicht weiß, was das ist. "Meine Mutter verließ uns, als ich 13 war. Mein Vater ist vor 3 Jahren gestorben, jedenfalls der Mann, den ich immer als meinen Vater ansah. Heute ist er Alkoholiker, kommt den ganzen Tag nicht aus dem Haus, und würde ich nicht täglich nach der Schule arbeiten gehen, hätten wir nichtmal mehr Strom. Es ist ihm egal, was mit ihm passiert, und ich tue das alles nur, um mich über Wasser zu halten, und in der stillen Hoffnung, dass meine Mutter doch eines Tages zu uns zurückkehrt." Jetzt erzählte er mir seine Geschichte und es kam mir vor, als sähe ich in einen Spiegel. Er ist genauso einsam wie ich es bin und komischerweise fühle ich mich gerade deswegen bei ihm sicher. Ich nickte. "Ich will einfach nur noch von hier weg. Weg aus dieser Stadt, weg aus diesem Leben." Murmelte ich nun, den Blick wieder gen Himmel gerichtet. Ich spürte, wie der mir unbekannte seinen Arm um mich legte und lehnte mich an ihn. "Dann lass uns hier abhauen, mit all dem, was wir bei uns haben. Uns ins Auto setzen und losfahren, immer geradeaus, wohin der Wind uns treibt." Seine Worte brachten mich zum Lächeln und erneut sah ich zu ihm. Schwieg jedoch, während seine Worte mir durch den Kopf ging und die letzten 4 Jahre mir durch Kopf gingen, die Jahre, in denen alles zerbrach, was mir einmal etwas bedeutet hatte. "Hey, du, das klingt nach einem Plan für mich." Kam es schließlich über meine Lippen und der Junge sah mich an, gleich in meine blauen Augen, und lächelte. "Freut mich, ich bin übrigens Jason. Und du?" – "Ciara."

Schweigend trafen wir das Abkommen gleich aufzubrechen und standen auf. Er hielt mir die Hand entgegen, ich ergriff sie, und gemeinsam gingen wir wieder rein auf die Party. Dort trennten sich unsere Wege; ich holte meine Tasche und Jacke aus der Gaderobe, verabschiedte mich von meine Tante, welche mehr Schwester als Tante für mich ist und behauptete, nach Hause zu gehen. Sie ist 21 und glücklich, seit heute Morgen verlobt - meine Mutter ist 31 und todunglücklich. 14 Jahre war sie, als sie mich bekam, ihr ganzes Leben stand kopf und trotzdem liebte sie meinen Vater über alles. Heute ist dem nicht mehr so. Und eben jenes, damals junges, verliebtes Paar, sah ich nun auf dem Sofa. Auch zu ihnen ging ich, das Lächeln auf meinem Gesicht war genauso falsch wie das auf den ihren. Ihnen erzählte ich ebenfalls schonmal nach Hause zu gehen, immerhin sei es schon 2 Uhr und um 10 sollte ich in der Schule sein, bannte mir danach einen Weg zum Aufzug, welcher der einzige Ausgang dort war. Jason wartete schon und schweigend warteten wir auf diesen und fuhren hinunter, verließen das Gebäude. Als wir 5 Minuten später auf einen naheliegenden Parkplatz ging blieb der Schwarzhaarige vor einem roten 1966er Ford Mustang stehen. Ich atmete tief ein und umfasste seine Hand, bevor er aufschließen konnte. "Bereit?" wollte ich wissen. Er lächelte mich an und nickte. "Bereit, wenn du es bist, Prinzessin." Antwortete er und sein Lächeln stach mich an. Wie abgesprochen drehten wir uns um und warfen noch einen letzten Blick zurück zu dem Hochhaus, in wessen Penthouserestaurant meine Schwester ihre Verlobungsparty hatte, ehe wir einstiegen und das Jaulen des Motors nicht Nacht durchbrach. Er nahm den ersten Gang, ließ die Kupplung kommen und gab leicht Gas, fuhr von dem Parkplatz herunter und Richtung Autobahn, Richtung Freiheit. Der Wind weht uns durch die Haare und komischerweise fühlte ich mich an der Seite dieses Fremden so frei, wie noch niemals in meinem Leben zuvor. Morgen ist nur noch einen halben Traum entfernt.



We're divin' away in a beautiful light,
we're killin' the shadows, we're breakin' the night.
Come on turn your back on yesterday,
tomorrow's just half a dream away.



 




Envoyé: 10:59 Wed, 11 February 2015 par: Donven Vanessa