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Albits Zakhar

Heimkehr

Ich nahm all meinen Mut zusammen und klopfte an der Tür. Ich wartete einen Augenblick, doch es kam keine Reaktion, niemand öffnete die Tür. Ich klopfte erneut, doch es kam wieder nichts. Normalerweise warte ich immer auf eine Antwort, aber vielleicht war er ja eingeschlafen, denn mein Vater schläft immer, nach Lust und Laune, ein. Ich wollte die Tür öffnen, aber musste schnell feststellen, dass sie abgeschlossen war. „Komisch“, dachte ich mir, „wieso sollte mein Vater sich in der Küche einsperren?“ Ich wusste, dass im Keller ein Universalschlüssel für alle Türen im Haus lag. Ich begab mich sofort auf den Weg in den Keller. Auf dem Weg, fühlte ich mich unwohl, als würde mich etwas beobachten, aber das kam sicherlich davon, dass ich mir ein bisschen Sorgen um meinen Vater machte. „Wieso sollte er in der Küche Kaffee kochen, aber sich zugleich einschließen?“ Als ich im Keller war, fand ich den Schlüssel sofort, allerdings hörte ich in der dunklen Ecke etwas, ein Flüstern: „Geh nicht.“ „Das bildest du dir nur ein, du bist müde“, dachte ich mir und ging zurück zur Küchentür. Ich schloss die Tür auf, öffnete sie langsam und wagte einen Blick hinein. Beim Anblick meines Vaters blieb mir der Mund vor Schreck offen. Er stand regungslos, parallel von mir am anderen Ende der Küche. Er war blass, abgemagert mit zerissener und dreckiger Kleidung, atmete laut und unregelmäßig. Ich lief auf ihn zu: „Was ist los mit dir? Was ist passiert?“, fragte ich ihn voller Panik, doch es kam keine Regung von ihm. Er stand bloß da und schaute gerade auf die Küchentür. Erneut fragte ich ihn, was denn los sei, doch es kam nur Unverständliches aus ihm, als hätte er die Sprache verlernt. Ich schaute mich in der Küche um, vielleicht fand ich irgendwelche Hinweise, was passiert war. Alles war dreckig, auf dem Boden lagen überall Essensreste und in der Luft schwebte so ein widerlicher, bissiger Geruch, den ich erst jetzt bemerkte. Es kam mir so vor, als hätte mein Vater die Küche schon seit einigen Tagen, wenn nicht seit einigen Wochen nicht mehr verlassen. Ich schaute meinen Vater erneut an, mich erschreckte sein Blick. Sein Blick war komplett leer, als hätte er keine Seele. Ich fragte ihn ganz ruhig ob ich den Notruf wählen sollte. Auf einmal sagte er etwas. Mit leiser und kranker Stimme fragte er mich: „Wie hast du es in das Haus geschafft?“ Ich verstand nicht, was er damit meinte. „Hast du ihn nicht gesehen?“, fragte er. „Wen habe ich gesehen? Wer soll da sein?!“ antwortete ich voller Aufregung. „Im Haus ist etwas, es hat mich angegriffen, ein Monster.“ Ohne zu überlegen, rannte ich zur Tür und schloss sie wieder ab. Ich zog mein Handy aus der Hosentasche und wollte gerade den Notruf wählen, als ich plötzlich einen Anruf erhielt. Auf dem Bildschirm stand die Handynummer meines Vaters! Ich nahm ab: „Hallo?“ fragte ich mit zittriger Stimme. „Egal, was du tust, geh nicht in die Küche. Es hat mir meine Beine abgerissen. Ich weiß nicht, was es ist.“ Es war die Stimme meines Vaters, ich erkannte sie sofort; er war die flüsternde Stimme im Keller. Ich traute mich nicht, mich umzudrehen und es anzuschauen. Ganz langsam versuchte ich die Tür wieder aufzusperren, da fasste es mich an der Schulter: „Ich danke dir, dass du mich freigelassen hast“, war das Letzte, was ich hörte. Ich wachte dann im Krankenhaus auf und meine Beine waren weg. Die Polizei teilte mir mit, dass mein Vater tot im Keller seines Hauses aufgefunden worden war, seine Beine fehlten und er war wegen des Blutverlusts gestorben.




Envoyé: 08:56 Sun, 10 October 2021 par: Albits Zakhar